Mein persönlicher Weg durch die Trauer

Für mich ist der Tod kein Tabuthema mehr, ich habe mich viel damit beschäftigt und bin mit vielen Trauernden ins Gespräch gekommen – auch durch meine Arbeit mit den Trauerkerzen. Und eines ist dabei immer ganz klar: Jeder hat seinen ganz eigenen Weg mit der Trauer umzugehen und seinen eigenen Weg, den er geht, und das ist auch gut so. Im Laufe der Zeit habe ich zahlreiche Menschen getroffen, für die Trauer kein Fremdwort ist. Durch meine Worte strebe ich danach, einerseits von meinen eigenen Erfahrungen und Gefühlswelten zu berichten – wie ich meinen Weg durch die Trauer gefunden habe und immer noch finde.

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Meine eigene Reise

Doch wie habe ich meine eigene Trauer durchlebt? In diesem Beitrag möchte ich dir von einigen meiner persönlichen Erfahrungen mit der Trauer in den vergangenen drei Jahren erzählen. Vielleicht findest du in meinen Worten einen Teil deiner eigenen Geschichte wieder?

Dieser Artikel ist eine Reise durch einen Teil meiner Trauer, erzählt mit offenem Herzen, in der Hoffnung, dass er dir Information, Trost und vielleicht auch ein wenig Hoffnung bieten kann.

Einer der schlimmsten Tage in meinem Leben

Ach ja, wo fange ich nur an? Als ich am 26.04.2021 kurz nach 6 Uhr früh einen Anruf bekam, mit den Worten „Thomas ist tot“, blieb mein Herz fast stehen und meine Welt hörte auf, sich zu drehen. Bis heute, fast drei Jahre später, ist es nicht mehr dieselbe Welt wie sie mal war.

Thomas, mein kleiner Bruder, ein Jahr jünger als ich, war immer mein „kleiner Bruder“. Wir sind zusammen sehr verbunden aufgewachsen und waren (meistens) sehr liebevoll zueinander. Ein „Ich hab dich lieb“ war bei jedem unserer Treffen und bei jedem unserer Telefonate immer dabei. Wir haben täglich telefoniert und alles, was es Neues gab, musste dem anderen erzählt werden.

Ein unerwarteter Verlust – der uns verband

Als 2016 unsere Mama mit 63 Jahren völlig unerwartet verstorben ist, hat uns das noch mehr zusammengeschweißt. Wir haben alles zusammen erledigt und die wirklich harte Zeit zusammen erlebt und auch gemeinsam überstanden. Thomi und ich haben uns jeden Tag gesehen und auch immer über unsere Mama gesprochen, weil uns das beiden guttat.

Wir haben das Begräbnis und alles zusammen geplant und auch die Parten zusammen ausgetragen. Umso schlimmer war es für mich, als ich mutterseelenallein an diesem einen Tag die Parten von meinem Bruder Thomas von Postkasten zu Postkasten trug. Die gleichen Postkästen, wie die, die wir vor 5 Jahren zusammen mit den Parten von unserer Mama gefüllt haben.

Das war ein Punkt, der sitzt mir bis heute in den Knochen. Wie ich die erste Zeit damals überstanden habe, weiß ich nicht – ich war in einem Schmerz und in einem „nicht glauben und fassen können“, ein Schmerz, den ich nicht mal beschreiben kann. Ich habe schon viele geliebte Menschen in meinem Leben verloren und ja, ich kann nicht loslassen und nicht akzeptieren.

Abschied von Goli

Vier Monate vor dem Tod von Thomas habe ich meine geliebte Goli – meine Taufpatin – auf ihren letzten Weg begleitet. Ich bin dankbar, dass ich diesen Weg mit meiner Goli gehen durfte und sie nicht alleine war. Ich trauere bis heute um meine Goli, aber ich denke, das ist eine normale Trauer: jemanden zu vermissen, sehr oft an ihn zu denken und auch zu weinen, wenn der Mensch mal wieder sehr fehlt.

Ein unvergleichlicher Schmerz

Aber dieser Schmerz, den ich bei Thomi gefühlt habe, ich dachte, das schaffe ich nie. Ich hatte immer das Gefühl, aus diesem schlimmen Traum aufwachen zu wollen, aber leider war und ist es kein Traum. Ich wollte immer nur schlafen, denn da konnte ich nicht denken und da fühlte ich auch den Schmerz nicht. Und wenn ich aufwachte, hoffte ich, dass ich das alles nur geträumt hatte. Aber leider, es war kein Traum. Thomi ist an den Folgen eines Herzstillstandes einfach eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.

Die ersten Tage ohne Thomi – eine Welt voller Anrufe und Stille

In der ersten Zeit funktionierte ich irgendwie, und ich bekam sehr viele Anrufe; viele wollten wissen, was passiert ist. Aber auch sehr viele haben sich gar nicht gemeldet, auch Menschen, bei denen es mir vielleicht gutgetan hätte, sie zu hören. Viele Monate danach hörte ich dann „Ich wusste nicht, was ich sagen soll“ – naja, ist auch eine Möglichkeit! Du weißt, was ich meine…

Ein bleibendes Zeichen

Kurz nach dem Tod von Thomi habe ich mir ein Tattoo am Unterarm stechen lassen, von Thomas und mir, mit unseren Namen. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, aber der Schmerz, den ich beim Tätowieren hatte, es tat mir gut – mich zu spüren – schwer zu beschreiben.

Die Suche nach Ablenkung

Ich versuchte irgendwie eine Lösung zu finden, um die Tage vergehen zu lassen. Arbeiten konnte ich irgendwie nicht, weil ich mich nicht konzentrieren konnte. Wir hatten eine eigene Firma, also war es kein Problem, dass ich nicht hinging. Hatte auch keine Kraft, ich war so leer und einfach so tief traurig und schwach. Konnte nicht fernsehen, um mich abzulenken, da dachte ich nur, und meine Gedanken ließen es eh nicht zu, mich auf irgendwas zu konzentrieren.

Ein Lichtblick in der Dunkelheit – die heilende Kraft des Häkelns

Was mir dann etwas geholfen hat, war das Häkeln. Beim Häkeln musste ich zählen und konnte nicht denken. Ich habe mir im Internet das Häkeln mit Videos selber beigebracht und mir viel Wolle gekauft, sehr, sehr viel Wolle. So begann ich, lauter kleine Felder mit 10 mal 10 cm zu häkeln für eine Patchworkdecke. 140 Stück für eine Decke.

Ich hatte das Gefühl, besser durchatmen zu können, und meine Gedanken wurden ruhiger, wenn ich häkelte; es hat mich abgelenkt. In sehr kurzer Zeit habe ich 2 Decken und 9 Kissen gemacht; ja, es hat mir geholfen, mich abzulenken.

Meine erste Trauerkerze – ein Symbol der Erinnerung

In meinem Zuhause habe ich einen ganz besonderen Ort geschaffen, der Thomi gewidmet ist. Dort steht ein Bild von ihm, umgeben von einigen persönlichen Gegenständen, die tiefe Verbindungen zwischen uns symbolisieren. Von Anfang an war es mir ein tiefes Bedürfnis, an diesem Platz immer eine Kerze für ihn brennen zu lassen – ein kleines, aber beständiges Licht, das seine Gegenwart und unseren Zusammenhalt symbolisiert.

Diese stetige Flamme wurde zu einem zentralen Element meiner Trauer und Erinnerung. Doch mit der Zeit wuchs in mir der Wunsch, diese Geste noch persönlicher und bedeutungsvoller zu gestalten. So kam mir die Idee, selbst eine Kerze zu kreieren, die nicht nur als Symbol der Erinnerung dient, sondern auch Thomis Persönlichkeit und Vorlieben widerspiegelt. Thomi liebte Marienkäfer – für ihn waren sie mehr als nur kleine Glücksbringer; sie verkörperten Freude, Leichtigkeit und die Schönheit der Natur.

Entschlossen, dieser Idee Leben einzuhauchen, machte ich mich daran, eine Kerze zu gestalten, die ein Marienkäfer-Motiv trägt. Dieses Vorhaben war mehr als nur das Erschaffen eines Erinnerungsstücks; es war ein Akt der Liebe, eine Möglichkeit, Thomis Andenken auf eine Weise zu ehren, die so einzigartig war wie er selbst. Diese selbstgemachte Kerze mit ihrem liebevoll ausgewählten Motiv war der Grundstein für die Kerzentante.

Und wie ich beim Text „über mich“ in meinem Online Shop schon geschrieben habe, möchte ich es hier nochmals tun:

Das ganze Projekt, das ich mein Baby nenne, bekommt mein ganzes Herz und meine ganze Liebe. Ich weiß, dass mein kleiner Bruder an meiner Seite ist und den Weg der Kerzentante mit mir geht.

Thomas, Dir widme ich mein Projekt und Du bist der Grund warum die „Kerzentante“ entstanden ist. Ich danke Dir für die Aufgabe, die du mir geschickt hast.
Thomi, ich vermisse Dich und hab dich lieb, bis zum Mond und wieder zurück.

Licht in der Dunkelheit

Ich vermisse ihn jeden Tag, und es gibt keinen Tag, nein keine Minute, in der er mir nicht fehlt. Aber ich habe wieder das Gefühl, an etwas Freude zu haben und bin unendlich dankbar für die Arbeit, die ich machen darf, jeden Tag aufs Neue. Menschen in ihrer Trauer mit meinen Trauerkerzen zu begleiten und ihnen genau die Kerze zu machen, die ihnen hilft, ein wenig Licht in ihre Dunkelheit zu bringen. Denn in der Dunkelheit zählt jedes Licht!

Ein Weg zur Heilung – Hoffnung und Stärke

Ich wünsche auch dir einen Weg, der dir hilft, aus deinem tiefen Schmerz zu kommen. Und einen Weg, der dich am Ende zu einem Leben führt, das dich mit neuer Stärke erfüllt, in dem du wieder Lichtblicke siehst und Freude empfinden kannst.

Mögest du Trost in der Gemeinschaft finden, die dich umgibt, und in den kleinen Dingen, die das Leben lebenswert machen. Möge dieser Pfad dich lehren, die Schönheit in jedem neuen Tag zu erkennen, die Liebe in jeder Geste zu spüren und die Hoffnung niemals zu verlieren.

Die Gewissheit des neuen Morgens

Denn auch nach der dunkelsten Nacht bricht irgendwann der Morgen an. Ich wünsche dir die Kraft, diesen Übergang zu schaffen, und die Zuversicht, dass nach jedem Sturm die Sonne wieder scheint, bereit, dein Herz mit Wärme und Licht zu füllen.

Thomas erster Geburtstag im Himmel, war sein 50 Geburtstag

Die Angst vor dem 31. Juli

Das war ein Tag, der 31. Juli – Thomas ist kurz vor seinem 50. Geburtstag gestorben. Ich hatte vorher, schon monatelang überlegt und geplant, wie und mit was ich ihn überraschen kann. So stand ich jetzt da und hatte Angst vor diesem Tag. Einfach nur Angst! Dass ich an diesem Tag nur weinen würde, das war nicht geplant, und doch war es so.

Ein besonderes Andenken

Ich habe ihm eine Kerze mit „Happy Birthday in Heaven, kleiner Bruder“ und einem Foto von uns beiden gemacht und mit einem Rosenherz am Friedhof gebracht. Ich bin gefühlt Stunden bei ihm gesessen und habe mit ihm geredet. Es fiel mir so schwer zu gehen, hatte ein Gefühl, als ob ich ihn verlassen würde, obwohl ich genau weiß, dass er dort in dieser Grube sowieso nicht ist. ER IST BEI MIR, und das spüre ich jeden, ja wirklich jeden Tag.

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Eine nächtliche Verbindung

Ich bin an diesem Tag sehr bald ins Bett gegangen und habe vorher sein Foto angesehen und gesagt: „Thomi, bitte lass uns heute Nacht wieder treffen, aber bitte so, dass ich es am Morgen auch noch weiß.“

Und es war auch so, ich spürte, als ich aufwachte, ganz genau, dass wir zusammen waren.

Ich weiß, viele glauben nicht daran, aber für mich ist es kein Glauben mehr: Für mich ist es Gewissheit.

Ich habe schon viel erlebt zu dem Thema Jenseits, unzählige Bücher gelesen und eine Menge Videos und Berichte von Nahtod-Erfahrungen gehört. Ich war bei Seminaren und Vorträgen und habe dieses Thema echt inhaliert.

Ein unbeschreibliches Erlebnis

Im April letzten Jahres war ich sogar auf einer Einzelsitzung und kann nur sagen: es war ein Erlebnis, das ich nicht in Worte fassen kann. Ich erfuhr Details, die kein anderer Mensch hätte wissen können und auch auf keinen anderen Menschen hätte passen können.

Der Glaube, die Hoffnung und die Dankbarkeit tragen mich

Dieser Gedanke, dass die Menschen, die ich liebe und die verstorben sind, nicht weg sind, sondern nur in einer anderen Dimension (so wie ich das nenne), hilft mir jeden Tag, aufzustehen und mein Leben zu leben. Ich weiß, dass ich sie alle wiedersehe und in die Arme schließen kann.

Natürlich ist mir bewusst, dass ich mit diesen Worten die Gesellschaft spalte und es viele Menschen gibt, die nicht dieser Meinung sind. Aber jeder soll an das glauben, was ihm hilft und an das, was ihm Kraft und Hoffnung gibt.

Ich für meinen Teil bin froh und dankbar für die Begegnungen, die ich hatte, um meinen Glauben an ein Wiedersehen zu stärken.

Schaffe neue Rituale an den Jahrestagen, Geburtstagen und Weihnachten

Jahrestage, Geburtstage und Feiertage können nach einem Verlust zu den härtesten Momenten zählen. Sie erinnern uns daran, was – und wen – wir verloren haben. Doch auch wenn der Schmerz an diesen Tagen besonders intensiv sein kann, möchte ich dir Wege aufzeigen, wie du diesen Zeiten begegnen kannst, mit einem Hauch von Trost und vielleicht sogar neuen Traditionen, die dir Kraft geben.

Erstens, erlaube dir zu fühlen, was auch immer in dir aufkommt. Traurigkeit, Wut, Sehnsucht – all diese Gefühle sind Teil deiner Trauer und verdienen es, wahrgenommen zu werden. Es ist in Ordnung, nicht in Ordnung zu sein.

Zweitens, zünde eine Kerze an für die Person, die du vermisst. Dies kann ein ruhiger, meditativer Moment sein, in dem du dich deinen Erinnerungen und Gefühlen hingibst. Es symbolisiert, dass ihr Licht immer noch in deinem Leben leuchtet, auch wenn sie physisch nicht mehr bei dir sind.

Drittens, teile Geschichten und Erinnerungen. Vielleicht im Kreis der Familie oder mit Freunden, die auch von dem Verlust betroffen sind. Das gemeinsame Erinnern kann heilend wirken und euch näher zusammenbringen.

Viertens, schaffe neue Traditionen. Dies könnte ein jährlicher Spaziergang an einem besonderen Ort sein, das Kochen eines Lieblingsgerichts der verstorbenen Person oder eine Spende an eine ihr am Herzen liegende Organisation. Neue Rituale können helfen, den Verlust in das Jetzt zu integrieren und gleichzeitig die Erinnerung zu ehren.

Fünftens, nimm dir Zeit für dich. Vielleicht möchtest du diesen Tag in Stille verbringen, ein Tagebuch schreiben oder dich kreativ ausdrücken. Finde einen Weg, der dir hilft, durch deine Gefühle zu navigieren.

Und zuletzt, sei nachsichtig mit dir selbst. Es gibt keinen „richtigen“ Weg, diese Tage zu erleben. Was zählt, ist, dass du tust, was für dich am besten ist. Mögest du in diesen schwierigen Zeiten Trost finden und wissen, dass es in Ordnung ist, sowohl die Trauer als auch die Liebe, die du fühlst, anzunehmen.

Ich wünsche dir Kraft und Licht auf deinem Weg durch die Dunkelheit. Erinnere dich daran, dass du nicht allein bist und dass es Wege gibt, die Last ein wenig leichter zu machen.